Die künstliche Iris in der Praxis

Interview mit PD Dr. med. Christoph Kniestedt, Universitätsspital Zürich

Die weltweit einzigartige künstliche Iris von HumanOptics wird für jeden einzelnen Patienten individuell hergestellt. Durch die Zertifizierung der geeigneten Operateure werden die Kompetenz und die Erfahrung mit diesem Produkt konzentriert. Am Universitätsspital Zürich befindet sich solch ein Kompetenzzentrum mit vielen erfolgreichen Implantationen der Artificial Iris.

Die Fragen stellte Ralf Höchst, Mediconsult AG.

08/2015

Herr Dr. Kniestedt, welche Patienten sind für die Artificial Iris geeignet?

PD Dr. med. C. Kniestedt: An der Augenklinik des USZ haben wir bisher 10 Patienten mit einer Artificial Iris behandelt. Bei den meisten Fällen (7 Patienten) handelt es sich um einen partiellen oder totalen Irisdefekt, bzw. -verlust nach einem perforierenden Bulbustrauma oder nach einer komplizierten Kataraktoperation, bei der die Iris in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ein Patient wies eine traumatisch mittelweite Pupille auf nach Bulbuskontusion und bei zwei Patienten lag ein angeborenes Aniridiesyndrom vor.
Aus diesem Grunde ist das Haupteinsatzgebiet die Irisrekonstruktion nach iatrogenem Substanzdefekt der Iris, wobei natürlich nicht nur aus rein ästhetischer Sicht die Indikation zur Artificial Iris gestellt wird, sondern auch aus funktionellen Gesichtspunkten. Patienten mit einem Irisdefekt sind durch Blendungserscheinungen zuweilen massiv gestört. Um eine Artificial Iris implantieren zu können, muss eine Pseudophakie vorliegen, die vor oder im Rahmen der Irisimplantation durchgeführt werden kann.

Gibt es verschiedene Modelle und welche benutzen Sie?

Die Artificial Iris weist eine dreidimensionale kryptenähnliche Silikonoberfläche auf, die in Handarbeit bemalt und deren Farbe eingebrannt wird. Die künstliche Iris ist mit oder ohne zusätzlichen, Goretex-ähnlichen Gewebeaufbau erhältlich, welcher ihr Stabilität im Auge verleiht. Wir haben bisher ausschliesslich künstliche Irides mit Gewebeaufbau implantiert, die in toto in den Sulkus eingenäht wurden. Prinzipiell kann die Artificial Iris als Sektor dem partiellen Irisdefekt eingepasst und in gesundes Irisgewebe eingenäht werden. Künstliche Irides ohne Gewebeaufbau können nicht genäht, aber im Rahmen einer Kataraktoperation vor die IOL in den Kapselsack eingelegt werden.

Wie sind Sie mit den ästhetischen Aspekten zufrieden?

Das ästhetische Resultat ist hervorragend. Keine andere Irisprothese erreicht ein ähnlich gutes kosmetisches Resultat. Je nach Beleuchtung erkennt man einen gewissen Farbunterschied zwischen dem gesunden und dem prothetischen Auge, häufig aber nur deshalb, weil das traumatisierte Auge aufgrund einer Hornhaut- oder Bindehautveränderung oder einer Anisokorie zu erkennen ist. Bei der Patientin mit Aniridiesyndrom erkennt man nicht, dass eine künstliche Iris implantiert wurde.

Wie beurteilen Sie die Funktionalität mit der fixierten Pupillengrösse?

Die Pupillengrösse von 3.85 mm erlaubt wahrscheinlich die bestmögliche Funktionalität. Leider sind fast alle unsere Patienten durch das Trauma, die komplizierte Kataraktoperation oder das Aniridiesyndrom bereits stark visuell kompromittiert. Die Blendungsproblematik ist durch die 3.85 mm grosse Pupille bei allen Patienten deutlich reduziert.

Wie stabil ist die Iris in ihrer Position?

Bei allen Patienten ist die Iris stabil.

Welche Nahttechnik und welches Nahtmaterial bevorzugen Sie?

Wir nähen mit einem 10-0 Nylon- Schlaufenfaden. Die Iris wird ausserhalb des Auges auf beiden Seiten mit dem Faden durchstochen und durch den Sulkus mit einer sog. Z-Naht (mindestens 5 Umschläge) intraskleral fixiert.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Unfall- oder Krankenkassen gemacht, die eine Kostengutsprache leisten sollen?

Bei allen Patienten wurde das Transplantat vom Versicherer übernommen. Teilweise war allerdings eine längere schriftliche Korrespondenz notwenig. Die Kassen drängen für einmal zur stationären Aufnahme, damit das Transplantat durch die Fallpauschale vom Spital bezahlt wird. Es muss versucht werden, die OP nach TARMED abzurechnen, was aber meist medizinisch gut zu vertreten ist, da es sich um junge und gesunde Patienten handelt.

Wie geht es den Patienten nach diesem Eingriff?

Da die Bindehaut an drei Stellen eröffnet und mit Nahtmaterial wieder verschlossen werden muss, kratzt es nach der OP in ähnlichem Masse wie nach einer Trabekulektomie. Ansonsten wird die künstliche Iris problemlos vertragen, und das Auge erscheint relativ bald auch intraokular reizarm.

Haben Sie ein Fallbeispiel?

Ja, den eines 26-Jährigen mit perforierender Hornhaut/Skleraruptur nach Faustschlagtrauma und Brillenverletzung, siehe Bildreihe unten.

PD Dr. med. Christoph Kniestedt

PD Dr. med. Christoph Kniestedt

Facharzt FMH Augenheilkunde u. Ophthalmochirurgie

Abb. 1+2:
Mai 2012 – primäre Wundversorgung: Irisdebridement, Vorderkammerspülung, Hornhaut und Skleranaht, es bleibt eine traumatische partielle Aniridie

Abb. 3:
Mai 2013 – zunehmende Blendung aufgrund Aniridie und Cataracta complicata / traumatica

Abb. 4+5:
Mai 2013 – Kataraktoperation und Implantation der Artificial Iris mit Gewebe

Abb. 6:
Juli 2014 – postoperatives Resultat

Weitere Informationen zur Artifical Iris erhalten Sie auf der Webseite der Mediconsult AG.

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